Von positiven Absichten und versprengten Soldaten

samurai zum Thema positive Absicht
Von positiven Absichten und versprengten Soldaten

Manchmal fällt es uns enorm schwer, das Handeln unseres Gegenübers zu verstehen. Und manchmal verstehen wir uns nicht einmal selbst.

Vor vielen Jahren schon habe ich bei Connirae und Steve Andreas eine wunderschöne Geschichte, mit historischem Hintergrund zu diesem Thema gefunden.

Die Geschichte von den versprengten Soldaten

„Während des Zweiten Weltkrieges, auf dem Höhepunkt der japanischen Expansion im Pazifik, gab es Garnisonen der Japaner auf tausenden von winzigen Inseln, die über eine enorm große Fläche des Ozeans verteilt liegen. Als das Blatt sich in der Schlacht wendete, wurden viele von ihnen überrannt und besiegt, einige aber blieben völlig unbemerkt. Auf anderen Inseln versteckten sich kleine Gruppen von Soldaten oder einzelne Überlebende in Höhlen in unzugänglichen Gebieten. Einige Jahre später war der Krieg aus. Aber da diese Überlebenden davon nichts wussten, kämpften sie sich weiterhin durch, wobei sie ihre rostenden Waffen und zerlumpten Uniformen so gut wie möglich in Schuss hielten; sie waren total isoliert und warteten inständig hoffend darauf, mit ihrem Oberkommando wiedervereinigt zu werden.

In den Jahren gleich nach dem Krieg wurden viele dieser Soldaten entdeckt, als sie auf Fischer- oder Touristenboote schossen, andere wurden von Eingeborenen gefunden. Im Laufe der Jahre nahm die Zahl dieser Entdeckungen ab. Die letzte, an die wir uns erinnern können, war zirka dreißig Jahre nach Kriegsende.

Bedenken Sie, in welcher Position sich solch ein Soldat befindet. Seine Regierung hatte ihn einberufen, ausgebildet und auf eine Dschungelinsel geschickt, damit er seine Landsleute gegen eine große, äußere Bedrohung verteidigt und beschützt. Als loyaler und gehorsamer Bürger hatte er im Lauf der Kriegsjahre viele Entbehrungen und Gefechte überlebt. Als das Hin und Her der Schlacht an ihm vorbeigegangen war, blieb er allein oder mit anderen Überlebenden zurück. All die Jahre über hatte er den Krieg weitergeführt, so gut er konnte, trotz unglaublicher Umstände überlebend. Trotz der Hitze, der Insekten und der Dschungelregenfälle macht er weiter, immer noch loyal gegenüber den Instruktionen, die er vor so langer Zeit von seiner Regierung erhalten hatte.

Wie sollte so ein Soldat behandelt werden, wenn er gefunden wurde? Es wäre ein Leichtes, über ihn zu lachen oder ihn dumm zu nennen dafür, einen Krieg weitergefochten zu haben, der seit über 30 Jahren aus war.

Stattdessen wurde der erste Kontakt, wenn einer dieser Soldaten ausfindig gemacht wurde, immer sehr vorsichtig hergestellt. Jemand, der im Krieg ein hochrangiger Offizier gewesen war, nahm seine alte Uniform und sein Samurai-Schwert aus seinem Schrank, fuhr mit einem alten Militärboot zu dem Gebiet, wo der verlorene Soldat gesehen worden war. Der Offizier ging durch den Dschungel und rief nach dem Soldaten, bis dieser gefunden war. Wenn sie sich begegneten, dankte der Offizier dem Soldaten mit Tränen in den Augen für seine Loyalität und für seinen Mut, mit dem er sein Land so viele Jahre fortwährend verteidigte. Dann fragte er ihn nach Erlebnissen und hieß ihn willkommen zurück. Erst nach einiger Zeit wurde dem Soldaten behutsam mitgeteilt, dass der Krieg aus war und dass sein Land sich wieder im Frieden befand, so dass er nicht mehr weiterkämpfen müsse. Wenn er heimkam, wurde ihm ein heroischer Empfang bereitet, mit Paraden und Medaillen und Menschenmengen, die ihm für seinen ausdauernden Kampf dankten und seine Heimkehr und Wiedervereinigung mit seinen Leuten feierten.“

(Gefunden in: Connirae und Steve Andreas: Mit Herz und Verstand. Junfermann Verlag)

Die versprengten Soldaten in uns

Im Grunde verhalten sich alle Menschen manchmal wie diese versprengten Soldaten. Wir alle haben Gefühle, Reaktions- und Verhaltensweisen, die wir als wir jünger waren, entwickelt haben und die damals vielleicht auch sinnvoll waren – heute jedoch oft eben nicht mehr.

Manche Menschen tragen noch Kämpfe mit ihren Eltern aus, wenn diese längst gestorben sind. Oder wollen es immer noch dem Vater oder der Mutter recht machen und treiben sich selbst bis zur Erschöpfung zu immer noch mehr Leistung an.

Die positive Absicht erkennen

Wir alle fallen immer wieder in solche alten Muster zurück und tun manchmal Dinge, die wir selbst für dumm halten. Und dann hilft es nicht, wenn ich mich selbst dafür verurteile. Sehr viel nützlicher ist es, wenn ich mir die Vorannahme zu eigen mache, dass hinter jedem Verhalten eine positive Absicht steckt – auch wenn sie sich mir nicht immer auf Anhieb erschließt.

Und es lohnt sich immer wieder diese Vorannahme auch auf das Verhalten von anderen Menschen auszudehnen und die positiven Absichten und Bedürfnisse derer ernst zu nehmen, die ich nicht verstehe.

 Die Autorin: Ingrid Huttary, Entscheidungs- und Dranbleibcoach ingrid-rund

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9 Comments

  1. Katrin Neiß 10/11/2016at8:49

    Danke für diese interessante Geschichte! Die werde ich sicherlich mal bei meinen Coachings erzählen. Liebe Grüße, Katrin

    Reply
    1. Benutzer-Avatar Ingrid Huttary 10/11/2016at11:23

      Danke. Ich erzähle die Geschichte auch immer wieder gern, weil sie so schön wertschätzend ist.

      Reply
  2. Olaf 10/11/2016at12:45

    Liebe Ingrid,
    ich kenne die Geschichte auch schon sehr lange, aber erst eben erst wurde mir klar, wie gut sie sich als Gleichnis für die alten Krieger/Kriegsversehrten tief in uns eignet. Und dafür, wie wir diesen Anteilen am bestenbegegnen, wenn wir sie wieder eingliedern wollen. Vielen Dank dafür!
    Nebenbei: Hier unten bei den Kommentaren steht immer noch meine verflossene E-Mail-Adresse wie ein alter Soldat auf einem vergessenen Inselchen…
    Liebe Grüße nach Berlin!

    Reply
    1. Benutzer-Avatar Ingrid Huttary 10/11/2016at13:02

      Lieber Olaf, wie schön, wenn Wiederentdecktes zu neuen Perspektiven führt. Ich nehme an, du hast dich mit der verflossenen E-Mailadresse zu meiner Challenge im März angemeldet. Meine Website hat halt ein gutes Gedächtnis 😉

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  3. Merve 10/11/2016at13:32

    Liebe Ingrid,
    ich bin gerade sehr berührt. Das gibt eine tolle Perspektive z.B. auf den inneren Kritiker. DANKE für diese Geschichte!
    Liebe Grüße, Merve

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    1. Benutzer-Avatar Ingrid Huttary 10/11/2016at15:28

      Liebe Merve,
      das freut mich sehr. Mich berührt die Geschichte auch immer wieder aufs Neue.
      Liebe Grüße
      Ingrid

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  4. LuckyLuke 27/11/2016at17:48

    Tolle Geschichte. Und egal welches Zeitalter, über die Samurais und ihre Schwerter kreisen immer wieder große Mythen. Aber so muß es ja auch sein. Von Revolverhelden wird ja auch geschwärmt

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    1. Benutzer-Avatar Ingrid Huttary 27/11/2016at18:05

      Ich gebe zu, ich habe gestutzt, ob tatsächlich im zweiten Weltkrieg die Japanischen Generäle noch Samurai-Schwerter trugen. Ich stelle mir vor, dass das Schwert eher zu festlichen Anlässen gehört, wie der Kilt bei den Schotten. Weißt du mehr darüber?

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  5. Pingback:Advent, Advent, 21. Türchen – geschafft

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